Transport als Schlagloch auf dem Weg der USA zur Klimaneutralität

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Stau in den USA. Quelle: Larry D. Moore, 2019

Wir in Deutschland sollen Energie sparen, weniger heizen und kein Auto mehr fahren? Dabei sind doch die USA die eigentlichen Klimatreiber, mit ihren breiten Pickups, Inlandsflügen und Klimaleugnern mit blonder Föhnfrisur. Diese populistischen Meinungen scheinen hierzulande weit verbreitet. Umso wichtiger ist somit die Frage, ob sich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht doch auf einem guten Weg zur Klimaneutralität befindet.

Seit Jahren steht die Verbrennung fossiler Brennstoffe in den USA stark in der Diskussion, wie auch in vielen anderen Ländern. Kohle, Erdgas und Erdöl werden seit der Industrialisierung des Landes zunehmend genutzt und stellen damit die Hauptquellen des hohen CO2-Ausstoßes im Land dar. Der große Reichtum an Kohlevorkommen fördert die US-amerikanische Wirtschaft, aber macht sie auch zu einem der Hauptverursacher des globalen Klimawandels. Wenn man einen Blick auf die kumulativen historischen Emissionen wirft, steht dies außer Zweifel. Die Vereinigten Staaten emittierten seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Viertel der globalen fossilen CO2-Emissionen. Nicht nur historisch, sondern auch heutzutage emittieren die USA viel: 2022 lagen die Pro-Kopf-Emissionen bei 14,9 tCO2, also über dem dreifachen des globalen Mittels von 4,7 tCO2.

In Anbetracht des großen Beitrags der USA zur Klimaerwärmung tragen sie nun eine starke Verantwortung, ihre Emissionen zu reduzieren. Ein effektiver Weg ist es, Haupttreiber von Emissionen zu identifizieren und dadurch die Formulierung von effizienten Maßnahmen zu ermöglichen.

 Im Jahr 2021 kamen etwa ein Drittel der US-amerikanischen Emissionen aus dem Transportsektor. Seit 2017 ist er der Hauptverursacher von Emissionen im Land und löste damit die zuvor dominierende Stromerzeugung ab. Dabei sanken die Emissionen vor allem aufgrund des Umstiegs von Kohle- zu Gaskraftwerken. Weiterhin besteht die Herausforderung, den Anteil an erneuerbaren Energiequellen am Strommix zu erhöhen. Vor allem Industrien mit einem hohen Stromverbrauch können so auch indirekt von der emissionsärmeren Stromerzeugung profitieren und damit ihre CO2-Bilanz verbessern.

Der Transport profitierte bisher jedoch nicht von dieser Entwicklung, vor allem aufgrund des geringen Anteils von Elektroautos. Im Jahr 2022 waren von etwa 280 Mio. Autos nur etwa 2,5 Mio. (ca. 0,86 %) voll-elektrisch. Den größten Anteil besitzt hierbei der wirtschaftlich stärkste Staat Kalifornien mit etwa 2,5 %. Zwar hat der Anteil von Elektroautos in den letzten Jahren zugenommen, was aber bei der gesamten Anzahl von Verbrennern bisher nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.

Abbildung 1: Anteil der Treibhausgasemissionen der Transportklassen an den gesamten Emissionen im Transportsektor im Jahr 2021. Quelle der Daten: EPA-420-F-23-016

Generell nahmen Emissionen im Transportsektor in den letzten Jahren durch eine gestiegene Reisenachfrage und die insgesamt zurückgelegten Strecke durch PKWs zu. Vor allem Pick-up-Trucks, SUVs und Minivans weisen einen vergleichsweise hohen Treibstoffverbrauch auf. Trotzdem werden diese immer beliebter und werden seit 2017 häufiger neu verkauft als kleinere Fahrzeuge. Im Jahr 2021 machten sie sogar 63% der neu verkauften Autos aus. Versuche, den Treibstoffverbrauch der PKWs langfristig zu reduzieren, gab es unter der Präsidentschaft Barack Obamas. Die eingeführten Regeln wurden allerdings später unter der Regierung Donald Trumps wieder deutlich gelockert.

Um das Hin- und Her der Klimaschutzmaßnahmen perfekt zu machen, wurden anschließend seitens der Biden-Regierung wieder neue Gesetze zugunsten des Klimaschutzes verabschiedet. Ein Großteil dieser Maßnahmen wurde im Kontext des IRA beschlossen. Des IRA? Haben die irischen Freiheitskämpfer jetzt den Klimaschutz für sich entdeckt? Nein, der IRA steht hier für „Inflation Reduction Act“, ein Gesetz, das 2022 beschlossen wurde und hauptsächlich das Ziel verfolgt, die Inflation durch die nachhaltige Stärkung der inländischen Wirtschaft zu reduzieren. Ein Teilziel soll allerdings auch die Reduktion der Treibhausgasemissionen sein, um das Pariser Klimaziel zu erreichen. Wenn man in den USA einen Neuwagen kaufen will, bekommt man deshalb 7500 $, falls das Auto entweder ein Hybrid- oder E-Auto ist. Dieses muss allerdings in den USA produziert worden sein und darf somit kein beliebiger VW oder Toyota sein. Hier wird die häufig geäußerte Kritik am IRA deutlich, dass es wenig auf eine globale nachhaltige Entwicklung ausgelegt sei, sondern vielmehr Ziele wie Klimaschutz und Wirtschaftswachstum mit Protektionismus vermischt.

Dazu gibt es noch einen Zuschuss für Hochvoltbatterien mit 45 $ pro kWh, d. h. Autos mit größerer Batterie und höherer Reichweite erhalten mehr Förderung. So soll wahrscheinlich vor allem die Landbevölkerung mit ihren unvermeidbar langen  Fahrstrecken bzw. Reichweiten zum Umstieg zur Elektromobilität bewegt werden. Außerdem entsteht so auch ein Anreiz für die Hersteller, größere Batterien zu verbauen und den Verbrauchern die „Reichweitenangst“ zu nehmen.

Neben der E-Auto-Kaufprämie gibt es auch direkte Subventionen für US-amerikanische Autohersteller zur Elektrifizierung ihres Angebots in Höhe von 2 Mrd. USD und geförderte Kredite in Höhe von 8 Mrd. USD. Allerdings gelten auch diese Regelungen wieder nur für US-amerikanische Hersteller.

Mit diesen Maßnahmen soll der Flottenverbrauch bis 2025 auf 101 gCO2/km sinken. Das ist zwar ungefähr 20 % über den EU-Zielen für 2025, bei den aktuellen Durchschnittsemissionen in den USA von ca. 250 gCO2/km aber doch sehr ambitioniert. Wird der Flottenverbrauch von Unternehmen nicht eingehalten, fallen Strafzahlungen an. Bis 2030 sollen dann 50 % aller Neuzulassungen aus elektrischen oder teilelektrischen Fahrzeugen bestehen. Wer dann aber nach den Präsidentschaftswahlen 2024 an die Regierung kommt und ob diese Bemühungen zum Klimaschutz erhalten bleiben, ist eine andere Frage…

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von Netto-Null Emissionen bis 2050 zu erreichen, werden sich die USA für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen im eigenen Land stärker bemühen müssen. Der Transport spielt hierbei eine Schlüsselrolle, da dieser seit 2017 die größte Emissionsquelle ist. Allerdings stehen für einen klimaneutralen Transportsektor noch einige Probleme im Weg. Im ersten Schritt müsste eine möglichst flächendeckende Elektrifizierung des Transportes gewährleistet werden, was allein aufgrund der großen Anzahl an bestehenden Autos schwierig wird. Darüber hinaus ist die Förderung von Elektroautos nur wirksam, wenn der verwendete Strom hauptsächlich aus erneuerbaren Energieträgern kommt. Besonders die starke Abhängigkeit der USA von fossilen Brennstoffen macht diese Entwicklung kompliziert. Zuletzt müsste die Infrastruktur ausgebaut werden, um sowohl das Laden der Autos zu ermöglichen als auch der wachsenden Stromnachfrage Stand zu halten. Im Jahr 2022 wurden mit dem IRA neue Anreize geschaffen, aber ob diese Regelungen auch in Zukunft in den USA weiter bestehen werden, wird sich zeigen. Allein der Transportsektor wird dabei ein schwer zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zur Klimaneutralität sein.

geschrieben von Franciska Tallah, Felix Spielbauer und Adrian Immer

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