Hast du heute Morgen nach dem Aufwachen schon einen Kaffee getrunken, bist dann ins Bad zum Duschen, Zähne putzen und auf die Toilette gegangen? Hattest du zum Frühstück eventuell einen Apfel und eine Scheibe Brot? Dann hast du bereits in den ersten Stunden deines Tages 425 Liter Wasser verbraucht. Diese Wassermengen entsprechen natürlich nicht nur dem Wasser, das durch deinen Wasserhahn läuft, sondern auch dem Wasser, das für die Herstellung von Produkten verwendet wird, dem virtuellen Wasser. Häufig sind wir uns nicht bewusst, dass wir Wasser für fast alle Lebensbereiche brauchen. Für Lebensmittel, Hygiene, industriegefertigte Produkte, aber auch für Energiegewinnung, Transport oder Freizeitaktivitäten. Kurzum: Wasser steckt in allem was wir zum Leben benötigen.
Die Ressource Wasser, damit ist sauberes und trinkbares Süßwasser gemeint, wird aber immer knapper. Gleichzeitig steigt der weltweite Wasserbedarf aufgrund von Bevölkerungswachstum, Globalisierung und Industrialisierung. In immer mehr Regionen der Welt nimmt die verfügbare Menge an Wasser ab, aber auch die Qualität sinkt durch Schadstoffeinleitungen, fehlende Abwassersysteme und Schädigung von Ökosystemen, welche natürliche Reinigungsfunktionen von Gewässern leisten könnten. Durch Dürren oder Überflutungen werden Menschen immer stärker durch Extremwetterlagen gefährdet. Daher ist es wichtig, sich intensiv mit der Ressource Wasser zu beschäftigen und die Veränderungen im Wassersystem zu verstehen. Dieser Artikel soll euch einen Überblick darüber geben, welche Herausforderungen in der Wasserforschung bestehen und wie sie in der Wissenschaft aufgegriffen werden sollten, damit wir auch in Zukunft ausreichend mit sauberem Wasser versorgt werden können.
Die Water Science Alliance (WSA) ist eine Organisation, die in Deutschland aktiv ist. Sie bringt Forscher aus internationalem Raum zusammen, fördert den Austausch zwischen Disziplinen der Forschung und stellt Leitlinien für den Umgang mit den größten Herausforderungen der Wasserforschung auf, an welchen sich die Forscher dann orientieren können. Die neueste Leitlinie trägt den Titel “Wassersysteme im Wandel”. Die Hauptthemen, die in den nächsten Jahren untersucht werden müssen, sind: Wasserqualität, Biodiversität von Ökosystemen, hydrologische Extreme und Wasserinfrastruktur. Es werden zwar vier unterschiedliche Themengebiete betrachtet, die Überschneidungen zwischen den einzelnen Bereichen sind jedoch sehr hoch.
Die Wasserqualität sinkt weltweit. Besonders in Entwicklungsländern oder Großstädten mit Slumvierteln werden Gewässer stark verschmutzt. Durch fehlende Trinkwasserinfrastruktur, Abwasserleitungen oder Kläranlagen können Abwasser, Schadstoffe und Krankheitserreger ungefiltert in oberflächliche und unterirdische Gewässer einfließen. In Deutschland werden Gewässer in geringerem Maße durch gezieltes Eintragen von Abwasser verschmutzt. Vielmehr sind die deutschen Gewässer von diffusen Schadstoffeinträgen gefährdet. Niederschlagswasser fließt oberflächlich ab, besonders in Städten, die zu hohem Grad versiegelt sind, und schwemmt Schadstoffe aus dem Straßenraum oder aus Gewerbeflächen, aber auch hohe Nährstoffanteile aus gedüngten landwirtschaftlichen Flächen aus. Der Eintrag in Oberflächengewässer kann somit oftmals nicht auf einen Verantwortlichen zurückgeführt werden und nur schwer verhindert werden.
Aber auch punktuell eingeführte Industrieabwässer und Kühlwässer belasten die Gewässer in Deutschland. Durch Eingriffe in die Gewässerstruktur mit dem Bau von Wasserkraftwerken, Staudämmen oder künstlicher Begradigung von Flussläufen, wird ebenfalls die Artenvielfalt beeinträchtigt. Durch Uferbebauung und Begradigung von Flussverläufen werden natürliche Lebensräume in Auenbereichen und Gewässersohlen zerstört. Wird direkt entlang des Wasserlaufes gebaut, dann müssen technische Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die Puffer- und Schutzfunktion von natürlichen Räumen entfällt, obwohl sie langfristig resilienter gegenüber Naturgefahren und dadurch auch kostengünstiger wären. Durch den Ausbau von Sicherungsinfrastrukturen wie Staudämmen und Wällen, wird ein falsches Bild der Sicherheit vermittelt. Der Mensch begibt sich in immer exponiertere Lagen, die nur durch Infrastruktur geschützt sind. Bei Versagen der Schutztechniken ist das Ausmaß der Schäden meist extrem. In diesem Falle sollte nicht nur in weitere Schutzmaßnahmen oder Warnsysteme investiert werden, es sollte auch vermehrt das Bewusstsein der Bevölkerung geschärft werden.
Gerade durch den Klimawandel wird der Schutz vor hydrologischen Extremen immer dringender benötigt. Hydrologische Extreme, dazu zählen lange Trockenperioden und Starkniederschläge, werden in Zukunft häufiger und intensiver werden. Auch in Deutschland treten solche Extremereignisse immer öfter auf. In großen Teilen Deutschlands, besonders in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, war das vergangene Jahr 2021 von einer großen Flutkatastrophe geprägt. Über 180 Todesopfer waren in Folge der Starkregenereignisse zu verzeichnen, sowie mehrere Milliarden Euro Sachschaden. Dieses Ereignis kann zwar nicht direkt als Folge des Klimawandels eingeordnet werden, jedoch wird erwartet, dass Jahrhundertereignisse wie dieses in Zukunft deutlich häufiger als nur alle hundert Jahre auftreten werden.
Die Renaturierung von Flussufern mit Ausweitung der Flussverzweigungen und Artenvielfalt im Auenbereich sind ein wirksames Mittel, um das Katastrophenrisiko zu mildern. Ein gegensätzliches Wettergeschehen zeigte das Jahr 2003. Statt durchschnittlichen 789 mm Niederschlag sind lediglich 607 mm in diesem Jahr gefallen. Auch die Temperatur lag um 1,1 °C über dem langjährigen Durchschnitt (Referenz 1961-1990), wobei in den Sommermonaten mehrfach Rekordtemperaturen über 40°C gemessen wurden. Nicht nur Deutschland war von dieser Naturkatastrophe betroffen, europaweit wird die Zahl der Todesopfer auf 45 bis 70 Tausend geschätzt, der Sachschaden betrug mehrere Milliarden Euro. Auch in den Jahren 2015 und 2018 war Deutschland von Trocken- und Hitzewellen betroffen. Zeitweise musste aufgrund der geringen Pegelstände in Rhein, Elbe und Donau der Schiff- und Frachtverkehr eingestellt werden. Verstärkt werden solche Trockenperioden ebenfalls durch die Reduzierung von Biodiversität. Wälder und Feuchtgebiete, wie zum Beispiel Moore, werden abgetragen und können in Trockenzeiten nur noch geringe Ausgleichsfunktionen leisten. Bis zu 40% aller Niederschläge über dem Land gehen auf Verdunstung und Transpiration von der Landoberfläche zurück. Geht die natürliche Bodenfeuchte, unter anderem durch Bodenversiegelung und Reduktion der Pflanzenbedeckung, zurück, werden die Niederschlagsmengen reduziert. Auf langfristige Sicht werden der Trinkwasserversorgung, der Landwirtschaft, sowie dem Energie- und Transportsektor geschadet.
Die vier Schwerpunktthemen, die die WSA in den Fokus der zukünftigen Wasserforschung rücken möchte, überscheiden sich, wie bereits erwähnt, zu großen Teilen. Besonders die Diversität von Ökosystemen an und im Wasser können die anderen Schwerpunkte positiv, aber auch negativ beeinflussen. Die Renaturierung und der Erhalt von natürlichen Lebensräumen und ihrer Artenvielfalt sollten in Zukunft besonders im Fokus der Forschung und Politik stehen. Aber auch durch intensiviertes Monitoring zum Beispiel von Schadstoffen im Gewässer oder der Wassertemperatur, kann die Wasserversorgung und der Schutz vor Wasser zukünftig gesichert werden. Da sich Flüsse und unterirdische Wasserströme meist durch viele Länder ziehen, muss das Monitoring auf internationaler Ebene funktionieren.
Aber nicht nur Forschung und Politik tragen Verantwortung gegenüber Wasser. Auch wir selbst können durch verstärktes Bewusstsein und nachhaltigen Konsum die Gewässer und unsere Zukunft schützen. Falls du in einem Hochwasser gefährdeten Gebiet lebst, kannst du dich beispielsweise darüber informieren, wie du im Ernstfall reagieren solltest. Nachhaltiger Konsum von Wasser zieht sich über Verbrauch beim Duschen, Spülen, Wäsche waschen und den Kauf von Lebensmitteln oder anderen Produkten bis zum Energieverbrauch oder Autoverkehr. Außerdem kannst du Recyclingpapier anstatt Frischpapier verwenden. Der Wasserverbrauch bei der Herstellung ist bei Recyclingpapier um ein hundertfaches niedriger als bei Frischpapier. Begrünung auf dem Balkon oder im Garten stärkt das Mikroklima und den natürlichen Wasserkreislauf, wird mit Regenwasser gegossen, verstärkt sich dieser Effekt noch einmal. Je weniger Waschmittel, Dünge- oder Pflanzenschutzmittel oder Abfall in das Abwasser eingebracht werden, umso leichter ist das Wasser zu reinigen und umso geringer ist der schädliche Einfluss auf die aquatischen Ökosysteme. Auch die freizeitliche Nutzung von Gewässern soll weiterhin bestehen bleiben. Baden oder Wassersport sollten jedoch nur in ausgewiesenen Bereichen stattfinden, um den Lebensraum von Pflanzen und Tieren nicht zu beeinträchtigen.
Quellen
• BPB Bundeszentrale für politische Bildung (2021): Jahrhunderthochwasser 2021 in Deutschland. URL: https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/337277/jahrhunderthochwasser-2021-in-deutschland/ (Stand: 14.07.2022).
• BMU (2021): Nationale Wasserstrategie. Entwurf des Bundesumweltministeriums. Kurzfassung. Bonn. BUND Landesverband Baden-Württemberg (2020): 50 Tipps zum nachhaltigen Umgang mit Wasser. URL: https://www.bund-bawue.de/themen/mensch-umwelt/trinkwasser/wassersparen/ (Stand: 14.07.2022).
• DWD (2004): Klimastatusbericht 2003. Offenbach.
• Umwelt Bundesamt (2022): Trockenheit in Deutschland - Fragen und Antworten. URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/trockenheit-in-deutschland-fragen-antworten (Stand: 14.07.2022).
• Umweltbundesamt UBA (2021): Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Kurzfassung. Dessau-Roßlau.
• Umweltbundesamt UBA (2016): Die Wasserrahmenrichtlinie - Deutschlands Gewässer 2015. Bonn, Dessau.
• Umweltbundesamt UBA (2016): Die Wasserrahmenrichtlinie - Deutschlands Gewässer 2015. Bonn, Dessau.
• UNESCO (2021): Valuing Water - The United Nations World Water Development Report 2021. Summary. Paris.
• UNESCO (2020): Water and Climate Change - The United Nations World Water Development Report 2020. Summary. Paris.
• UNESCO (2018): Nature-Based Solutions for Water - The United Nations World Water Development Report 2018. Paris.
• Water Science Alliance WSA (2021): Wassersysteme im Wandel. Herausforderungen und Forschungsbedarf für die deutsche Wasserforschung. Water Science Alliance e.V. Dresden.
• Weiß, M.; Behrens, C. (2016): Extremjahr 2003 - das war der Sommer des Jahrhunderts. Süddeutsche Zeitung Online. URL: https://www.sueddeutsche.de/wissen/hitzewelle-extremjahr-2003-der-sommer-des-jahrhunderts-1.3154032 (Stand: 14.07.2022).